Haus Nummer 030 - Johlen - Am Stadtgraben 10

Hofname: Schäeperhuof, Schäepmegger

Der Schäferhof

Während der Füllenhof als Eckpfeiler am nördlichen Rande des Dorfes liegt, hat der Schäferhof an der südlichen Peripherie, hart am alten Hellwege, seinen Standort. Viele gemeinsame Züge trugen diese beiden Höfe in der Vergangenheit. Sie glichen sich wie Zwillinge, stammten aber von verschiedenen Eltern. Landmäßig besser fundiert war früher der Schäferhof, der uralte Amthof des Stiftes Heerse. Bis 1409 trugen ihn die Ritter von Heerse zu Lehen, dann verkauften sie ihn mit allem Zubehöre und dem Rechte auf das halbe Dorf Schwaney unter Zustimmung des Paderborner Bischofs und der Heerser Äbtissin an den Domkämmerer Heinrich Westphal für 220 Goldgulden 12. Der Landesherr, dem damals der Heerser Anteil an Schwaney pflichtgemäß angeboten war, lehnte wohl aus finanziellen Gründen ab. Im Jahre :14:10 versetzte Heinrich Westphal den 4. Teil von Hof und Dorf an den Paderborner Bürger Thönies Thyle für 60 Gulden. In den Jahren 1433 und 1440 erhielt Diederik von Heerse vom Busdorfer Kanonikus Lüdecke Westphal, einem Vetter und Testamentsvollstrecker des 1421 verstorbenen Domkämmerers Heinrich Westphal für das halbe Dorf Schwaney noch 30 bzw. 200 Goldgulden.

Wie es scheint, bewirtschafteten die Herren von Westphalen den zur alten Siedlung Ecwordinchusen gehörenden Hof nicht selbst. Im Jahre 1480 versetzten sie an das Busdorfer Kapitel 20 Malter Korn aus dem Zehnten und ihrem "Hoff to Schwanegge", den damals ein Merte in Meierstatt innehatte. Es ist zu beachten, daß dieser Merte, übrigens ein Urahn der Schwaneyer Familie Merten (Miätens, heute Schröder), den Hof in Meierstatt, nicht in Erbpacht besaß. Auch der bischöfliche Füllenhof war, bevor ihn Bartoldus Nevel 1527 als Erbpächter übernahm, in Meierstatt ausgegeben.

Aber bevor Bischof Erich anno 1527 den damals noch "Scheiperhoff" benannten Füllenhof vermeierte, hatten die Herren von Westphalen den "Scheper ihres hoffes darsulwest gefriget", als freien, erbberechtigten Meier eingesetzt. Auf diese Tatsache verwies Bischof Erich ausdrücklich im Meierbriefe für Bartoldus Nevel. Er gab ihm darin auch die gleichen Rechte und Pflichten, die von den "Westphelingen" ihrem Meier gegeben waren. Der von den Herren von Westphalen erteilte Meierbrief ist nicht erhalten. Aber er entsprach inhaltlich genau dem des Bartoldus Nevel auf dem Füllenhofe. Demnach zahlte auch der Meier auf dem Schäferhofe jährlich 5 Gulden Pacht, und das bei freier Schaftrift und unter Berechtigung für Jagd und Fischerei, aber auch unter Verpflichtung zur Heerfolge und Zahlung der Landschatzung.

Der erste Erbmeier auf dem Schäferhofe war also ein Schäfer, dessen Vorfahren wohl auch schon den früher sehr angesehenen und recht einträglichen Beruf der Schafhirten ausübten. Und als hier um 1300 bis 1350, vielleicht sogar noch später, die Familiennamen aufkamen, benannte sich mancher nach seiner Beschäftigungsart. Aus Seheper wurde Scheiper, aus Scheiper schließlich Scheiffers und Schäfers. Aller Wahrscheinlichkeit nach saß schon um 1550 eine Familie Scheiffers auf dem Hofe der Herren von Westphalen. der nach dem damaligen Besitzer den Namen "Scheiperhoff" oder "Scheifferhoff" erhielt. Der jeweilige Erbpächter war der Scheiper- oder Scheifermeier. Erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts wandelte sich der Name in die hochdeutschen Bezeichnungen "Schäferhof" und "Schäfermeier". Die Schwaneyer sagen nur "Schäeperhuof" und "Schäepmegger".

Für die Tatsache, daß der erste Erbmeier auf dem Schäferhofe Scheiffers hieß, spricht ein notarielles Protokoll vom 01.05.1640 das "der ehrenhaffte undt woll gelehrter Conradt Scheiffers Haubtman indeß bestallter Munster Schreiber" bei dem Paderborner Notar Joannes Brabeck anfertigen ließ. Dieser ehemalige Hauptmann gab an, daß er "nach Seineß vielgeliebten Vatterß todtßfall Selten daheimb außerhalb Landeß undt an frömbden öhrtern gewesen, alßo ihm seine elterlichen gütern zu schwany eigentlicher beschaffenheit unwissendt wäre undt selbige nicht beßer alß von Seinem irtz (jetzt) anwesenden geliebten gefetteren undt patten (Paten) Cordten Scheiffers Richter zum Dahl erfahren könnte". Diesem alten Dahler Richter begegneten wir bereits, als sich der Füllmeier Henrich Rehermann am 16. Mai 1640 den Status seines Hofes notariell fixieren ließ. Bei dieser Gelegenheit erklärte der Dahler Richter, daß er auf dem Schäferhofe geboren und erzogen und daher über dessen Rechte und Pflichten genau unterrichtet sei.

Nun bezeugte er für sein Patenkind, daß es sich bei dem "Scheifferhoff" um einen "frien Sattelhoff" handele, der mit Ländereien, Gärten, Wiesen, Kämpen und Teichen den "Gevettern Westphalen zur Lichtenau undt herbramb" gehöre, von Lasten und Diensten frei, zur Leistung der Landschatzung jedoch verpflichtet sei. Die Angaben des Richters Scheiffers über Rechte auf Mast, Jagd, Fischerei und Schaftrift decken sich genau mit denen des Füllenhofes 15. Hier wird der Hof als "Sattelhoff" bezeichnet, das bedeutet "Herrenhof", "Herrensitz".

Ob Hauptmann a. D. und nun wohlbestallter Secretarius Cordt Scheiffers im Jahre 1640 den elterlichen Schäferhof übernahm, läßt sich mit Sicherheit nicht feststellen. Wahrscheinlich fehlten ihm die bäuerliche Qualifikation, Neigung und Stetigkeit nach Jahren unruhigen und abenteuerlichen Kriegshandwerks dazu. Wenn er wirklich Schäfermeier wurde, blieb er es nur bis 1656. Denn in diesem
Jahre bemeiern die Vettern von Westphalen den hochfürstlichen Paderborner Weinschenken Peter Glehen mit dem Schäferhofe. Der Meierbrief ist als Kopie erhalten und soll im Wortlaute folgen:

"Wir Sämbtliche Gevettern Westphalen zu Herbramen und Schwaney bekennen öffentlich in diesem Brieffe, daß Wir mit einhelligem raht, fulbort (Übereinkunft) und genugsahmer Betrachtung den Ehrsamen Peter Glehen Fürstl. Paderbornischen Weinschenk und seine leibs lebende Erben mit unserem freyen Scheifferhoffe und Schafftrift zu Schwaney sambt allen ihren Herrlichkeiten, Gerechtigkeit und Zubehörungen vermeyrt haben und irgenwärtig bemeyern, idoch dieser gestalt, weile kein Wohnhauß, nur allein ein geringer Spieker und Schaffstall dabey, daß Er eine behaußung dabey auf seine kösten, so groß ihrer beliebig, erbawen lassen solle und Er alstan, wie auch seine lebende leibs Erben denselben Hoff und Schaffetrift nach allen ihren beste in gleicher freyheit, wie die vorige Meyer gethaen, gebrauchen möge und Unß Sambtlichen zur iahrlichen pfacht und Hewer (Heuer) auf St. Michaelis Archangeli auß selbigen Hoffe und Trift fünf goltgulden oder ihren rechten wehrt bezahlen, auch den hoff in baw (Bau) und besserurig. Zäunen und graffen voll erhalten sölle. Dessen haben Wir von ihm Glehen eine gewöhnliche und genügliche Urkundt für einen Weinkauf gewohnen, die Unß zur genüge bezahltet und willen nun ihn und seine Erben bey solchen hoffe, Drifft und gerechtigkeit (Rechte) verthätigen und handt haben nach Unseren aller besten Vermögen. Wir wöllen ihm auch diese bemeyerung vor Unß und Unseren Erben in allen articulen und punkten kunnig und geständig seyn, und haben deßen zu urkundt und später unwiderruflicher fästerhaltung Wir Gevettern eygenhändig unterschrieben und mit Unseren gewöhnlichen ringpitschafft untersiegelet. Geschehn den 14. Juli 1656. Johan Bernd Westphalen, Wilhelm Westphalen, Dietherich Westphalen, Lothar Ludwig Westphalen, Friederich Henrich Westphalen."

Bemerkenswert in diesem Meierbriefe ist die Tatsache, daß sich die Hofpacht pro Jahr, wie das auch 1.527 für den Füllenhof festgelegt wurde, immer noch auf 5 Gulden (beim Schäferhofe GoJdgulden) beläuft. Zum Areale des Hofes gehörten auch Teiche, es waren Fischteiche, die uns später noch beschäftigen werden. An Gebäuden fand der neue Erbpächter Glehen nur einen "geringen" Spieker und einen Schafstall vor. Demnach mußte das Wohnhaus, sicherlich durch Kriegseinwirkurig. abgebrannt sein. Peter Glehen durfte auf eigene Kosten und in beliebiger Größe einen Neubau errichten. Das wird bald nach der Übernahme des mit Wallhecken und Gräben gesicherten Hofes geschehen sein, denn der neue Meyer, der hochfürstliche Weinschenk Peter Clehen, war sicherlich wohlhabend. Er kam aus Köln, hatte vor 1632 Katharina Ter Müllen (Tormöllen, Zurmühlen) und um 1644 in zweiter Ehe Maria Elisabeth, Tochter des Dr. med. Cohausz, geheiratet.

Im Meierbriefe wird noch ein Weinkauf erwähnt, den Peter Glehen in genügsamer Weise bezahlte. Man könnte glauben, der neue Schäpermeier habe aus Freude über den recht günstig abgeschlossenen Vertrag als Geschenk ein Fäßchen Wein dediziert. Dem war aber nicht 50. Weinkauf hat mit Wein nichts zu tun. Der Begriff "Weinkauf" entstand durch hochdeutsche Verballhornung aus dem mittelhochdeutschen "win" in der Bedeutung von winnen, gewinnen, erlangen. "Weinkauf" ist daher "Winkaup", "Winnkaup", "Gewinnkauf"', Preis für einen Gewinn, für etwas Erlangtes, Gewonnenes. Früher spielte der Weinkauf bei allen Verträgen, ganz gleich, ob sie mündlich oder schriftlich abgeschlossen wurden, eine bedeutende Rolle. Nahm der Bauer einen Knecht oder eine Magd in Dienst, 50 zahlte er zu Beginn des Arbeitsverhältnisses und gleichzeitig als bindendes Zeichen für den gültigen Vertragsabschluß den Weinkauf, eine in ihrer Höhe nicht begrenzte, örtlich verschiedene, aber sofort fällige Summe, die mit dem eigentlichen Lohne nicht verwechselt werden darf. Auch bei Verträgen anderer Art, 50 bei Verpachtungen, Belehnungen, Bemeierungen fand sich der Weinkauf, der dem Gutsherrn die Möglichkeit bot, die meist gleichbleibende Pachtgebühr durch das vom Lehnsvasallen. Pächter oder Meier zu erlegende "Wingeld" nach Belieben zu erhöhen.

Manchmal konnte der Weinkauf auch zu drückender Belastung werden. So schwebte von 1656 bis 1676 ein Rechtsstreit zwischen verschiedenen Einwohnern von Neuenheerse und dem dortigen Stiftskapitel wegen Weinkaufs bei Besitzveränderungen. den die Neuenheerser Pächter als ungerechtfertigt ablehnten. Das Stift wandte sich daraufhin an das Offizialatgericht zu Paderborn und später sogar an das Reichsgericht zu Speyer. Aber ein Endurteil ist nicht ergangen.

Weinkauf war in Schwaney, wenn auch nicht mehr unter der alten Bezeichnung, im Jahre 1930 bei Dienstverträgen noch üblich.

Weinschenk Peter Glehen blieb nicht lange Herr auf dem Schäferhofe. Er muß schon vor 1666 gestorben sein. Im großen Rezesse vom 15. Dezember 1666 zwischen den beiden Meierhöfen und der Gemeinde wird als Besitzer der minderjährige Peter Glehen genannt. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um einen aus zweiter Ehe stammenden Sohn des 1656 bemeierten Weinschenken Peter Glehen. Gerhard Clehen, Kanonikus der Kollegiatskirche zum Busdorfe in Paderborn, führte für den noch minderjährigen Schäpermeier in Schwaney die Vormundschaft. Aber es blieb leider nicht bei dieser Vormundschaft. Um 1675 wird bereits der gleiche Busdorfkanoniker Gerhard Glehen als vollberechtigter Meier des Hofes genannt. Zwischen ihm und der Gemeinde entbrannte bald eine heftige und langwierige Fehde wegen der Weigerung des Hofes} sich an den Schatzungen und Lasten des Dorfes zu beteiligen. Die Akten dieses Streites füllen einen ansehnlichen Band im Staatsarchiv Münster.

Immer wieder wandten sich die Schwaneyer Vorsteher wegen hartnäckiger Haltung des Schäfermeiers. der allzeit auf altüberkommene Rechte und Privilegien des Hofes pochte} beschwerdeführend und zumeist erfolglos an den fürstbischöflichen Landesherrn. von dem man als Mitgrundherrn des Dorfes Verständnis und Unterstützung erwartete.

Gerhard Glehen bewirtschaftete den Hof nicht selbst} er ließ ihn um 1670 durch Hermann Bolten (Bölte) und ab 1678 durch Simon Bolten verwalten. Aber beide waren rauh und abweisend wie ihr geistlicher Herr am Busdorfstifte in Paderborn, der auf die Nöte und Sorgen des Dorfes keinerlei Rücksicht nahm, obschon er laut Vertrag vom 15. Dezember 1666 zur Mittragung besonderer Lasten verpflichtet war.

Hier nur ein kurzes "Sündenregister" von 1675, nach dem Herr Glehen "wegen seines Meyerhoffs zu Schwaney dem Dorfe geben muß:

1. Wegen der schatzurig. so Er nach Betrage seiner güther vi contracty (nach Inhalt des Kontrakts) de anno 1666 nicht außthuen willens, auch sogar daßienige, was Er selbst geständig, nicht bezahltet und alßo dem dorff viel Kosten verursachet hat.

2. Obwohl in contractu eodem (im gleichen Vertrage) vermeldet} daß deßen Hoff zu Kriegsbeschwer. einquartierung und zu denen Zeiten erfordernden fuhren mitschuldig, so hat Er iedoch sich solches alles bey den Kaiserl. Zeiten entzogen.

3. deßen Soldaten und Reuter (Reiter), so ihm sonst schüldigst zu halten obgelegen, dem Füllenmeyer und andern auff den halß verwißen.

4. Zu Herrn General Montecuculi regiment gehörigen Herrn Krieges Zahlmeistern und Regiments quartiermeistern Egeman Zwey monatlich Kostgeld ad Hundert Rtl. und 400 Scheffel habern, auch Hew (Heu) und Heckerling (Häcksel) nichts gethan und dennoch schüldig ist nach contracti.

5. Verweigert er sich zu des dorffs nöthen sowohl vor den Kayserlichen Zeiten, alß bey dero anweßen gemachten schülden und davon gebührenden pensionum abzahlung zu tragen, cum tarnen vi contracty dicti teneatus (obwohl er nach Inhalt des erwähnten Vertrages dazu gehalten ist).

6. Weigert er sich trotz des contracty des dorffs hudeochßen zu halten (mit zu unterhalten).

7. Auch die ordinari (gewöhnlichen) Viehschatzunge zurück halte, auch in sonst anderen den gemeinen dorff obliegenden beschwernuße, auch in Wiese, Kampffe und drifftgeld, auch Ihro Hochfürstliche Herrn sowohl alß der Herren Westphalen zustehenden Heuer Bezahlung sich saumbhaft stelle, worrauff dan viel Unkosten lauffen, so Er Zu refundiren (zurückerstatten), alßo daß dem dorff daher große Kosten anwachßen.

Derewegen die arme dorffschafft Unterthänigst biddet (den Landesherrn), in allen obigen beschwer künfftig so wohl zu concurriren (beizutragen) Herrn Beklagten anzuweilsen, alß auch was bereiths für selben indebito (als Schuldgeld) außgedahn zu bezahlen anzuweißen."

Rund 30 Jahre dauerte dieser kalte Krieg zwischen der Gemeinde, dem Kanoniker Glehen und seinen Verwaltern, die ob der unerquicklichen Reibereien und der dauernden Anfeindungen seitens der Einwohnerschaft vielfach wechselten. Berge von Briefen und Beschwerden wurden in dieser Zeit geschrieben, Kleinigkeiten aufgebauscht. Selbst mit Pfändungen suchte sich die Gemeinde vorenthaltene Schatzzahlungen zu sichern. So beschwerte sich der Meier Gerhard Glehen 1697 beim Landesherrn. daß ihm die Schwaneyer widerrechtlich ein Pferd nabgepfandet" hätten 20. Darauf wandte sich die Gemeinde an den Fürstbischof mit der Erklärung: "alß hatt daß eine gantz andere beschaffenheit, alß ist nicht ein pferdt sondern eine Ziege gepfandet gewelsen, welches darumb sub dole (arglistig) von dem Conduktor (hier Verwalter) verschwiegen ist, weil ohne deme solche zu halten Ew. Hochfürstliche Gnaden edicto (laut Verordnung) verborten. undt ist dieße pfandung wegen rückständigen schatzungen geschehen, weß halber wir unß billich an den Conductoren halten undt dem Herrn Canonicum zu Paderborn zu folgen nicht schuldig seyen."

Vom 1. Februar 1699 liegt eine von der Gemeinde spezifizierte Aufstellung vor, nach der Canonikus Glehen an Schatzungen aus den Jahren 1677 bis 1698 mit über 400 Reichstalern rückständig sein sollte. Diese Liste trägt den Schlußvermerk: "Waß nuhn an personal prästirung (an persönlichen Abgaben) undt anderen oneribus (Leistungen) restiert (verbleibt), wirdt auch vorbehalten".

Durch eingehende schriftliche Stellungnahme an den Fürstbischof schalten sich dann 1699 noch einmal, wie vorher bereits mehrfach geschehen, die Herren von Westphalen klärend in den Zwist zwischen Gemeinde und ihrem Meier Glehen ein. Sie nehmen Bezug auf den von Bischof Erich dem Füllenhofe und den von ihren Vorgängern dem Schäferhofe erteilten Meierbrief, in dem die Rechte und Verpflichtungen der beiden Höfe von beiden Grundherren eindeutig fixiert seien. Daher könne die Gemeinde auch nicht für sich das Recht ableiten, die freien Meier mit anderen als im Meierbriefe festgelegten Leistungen zu belasten. Der Schäferhof beteilige sich an jeder von den Landständen bewilligten Schatzung mit 1. Reichstaler, der in Paderborn gezahlt werde. Schäferhof und Füllenhof unterschieden sich wesentlich von den anderen Höfen des Dorfes. Der Schäferhof sei ein freier adeliger Sattelhof, kein übliches Bauerngut. Würde er bei Durchzügen mit Soldaten belegt, wäre er nicht adelig frei. Den Hof zu befreien oder zu belasten (potestatem liberandi et onerandi), bleibe ausschließliches und von Bischof Erich bestätigtes Vorrecht der Herren von Westphalen, denen der Schäferhof nach wie vor jährlich 5 Goldgulden Pacht entrichten, aber auch Unterkunft und Verpflegung anläßlich der Jagden auf dem Hofe gewähren müsse. Und dann heißt es wörtlich: "Darumb der Schäffermeyer hat seinen freyen Sitz, nicht die bauern. Der Scheifferhoff ist von Beden und diensten frey, nicht der bauer. Der Meyer ist frey von prästation an Hühnern und Gänsen, nicht die bauern. Der Meyer ist befugt, bier zu brauen und zu verkauffen, nicht die bauren. Der Meyer hat seine freye Feurung, nicht die bauren. Kan separatim (ohne Gemeindehirten) sein Vieh hüten, auch bey guter mastzeit die schweine separatim weiden laßen, nicht die bauren. Der Meyer ist Keiner Execution (Pfändung, Zwangsvollstrekkung), sive consensu (es sei denn mit Zustimmung) der Herren von Westphalen unterworffen (denen die alleinige Gerichtsbarkeit über den Hof zustand). Und haben die Herren von Westphalen die in villa (auf dem Hofe) vorfallenden Exzesse privative zu bestraffen ..., daß Ein großer Unterscheidt unter den Bauren und diesem befreyeten Scheifferhoffe, auch daß derselbe cum appertinentiys (mit Zubehör) wie andere bauren güter nicht angeschlagen werden könne."

Unter dem 4. August 1700 erging an die Gemeinde das fürstbischöfliche Dekret: "AIß wirdt nahmens Ihrer Hochfürstlichen Gnaden zu Paderborn Unseres gnädigsten Fürsten und Herren der Dorffschafft Schwaney ernstlich anbefohlen, sothanen Hoff (Schäferhof) mit dergleichen einguartirung zu übersehen". Dieser Entscheid galt analog auch für den Füllenhof. über den die Dorfgemeinschaft im Gegensatze zum Schäferhofe damals kaum Klage zu führen hatte.

In der obenerwähnten Stellungnahme weisen auch die Herren von Westphalen darauf hin, wie es der alte Dahler Richter Cordt Scheiffers bereits 1.640 getan hatte, daß es sich beim Schäferhofe um einen freien, adeligen Sattelhof handele. "Von dem Gefolge Wikings (Wittekinds) sind die großen Sattelmeier aufgekommen. Sie begleiteten den König zu Pferde und waren auch späterhin verpflichtet, einen berittenen Mann zum Kriege zu stellen. Sie waren frei vom Zehnten und genossen bei feierlichen Aufzügen, namentlich bei ihrer und ihrer Frauen Leichenbestattung besondere Ehren."

In den reichhaltigen Akten Gemeinde contra Schäferhof heißt es vielfach Canonicus Glehen senior. Demnach gab es außer dem Schäfermeier Gerhard Glehen, der Kanoniker am Busdorfe und 41. Jahre Beichtvater bei den Kapuzinessen in Paderborn war, noch einen Busdorfkanoniker Glehen junior. Bei diesem handelte es sich um Peter, den im Januar 1.660 geborenen Sohn des Dr. jur. Conrad Glehen und Margarete Voßla 26. Die Bestätigung dafür gibt auch Stolte " mit folgender am 1.7. Februar 1.668 ausgefertigten Urkunde: "Henrich Berringer und Hen. Fabritius, Bürgermeister, Christian Lemmerholtz und Johann Friedrich Scheffer, Kämmerer, und der Rat der Stadt Paderborn leihen von dem Magistratsherrn Conrad Glehen und dessen Frau Margaretha 1.00 Rtl. zu 50/0, die dem Glehen von dem Bürger Conrad Bartholomei überwiesen und aus der Witwe Elebracht'schen Masse bzw. von dem weiland hildesheimschen Kanzler Conrad Meyer stammten. Gez. Henrich Streycher. Rückseite: C. Glehen cediert die Obligation dem Busdorfstifte für das Statutengeld seines dortselbst als Canonikus aufgenommenen Sohnes Petrus Glehen. 1676, 31.8."

Kanonikus Peter Glehen starb am 29. April 1.704. Kanonikus Gerhard Glehen, Meier auf dem Schäferhofe zu Schwaney, folgte ihm am 8. Februar 1706. Sein Tod brachte die Anbahnung eines gewissen Burgfriedens zwischen dem Schäferhofe und der Gemeinde. Aber auch sein Nachfolger trug den hier sehr unbeliebten Namen "Glehen". Im Jahre 1707 bemeierten nämlich Hofrat Friedrich Wilhelm von Westphalen in Laer und Diedrich von Westphalen zu Herbram Conrad Glehen und dessen Ehefrau, geb. Koch, mit dem Hofe. Der neue Erbmeier war am 14. Januar 1669 zu Paderborn getauft und ein jüngerer Bruder des 1704 verstorbenen Kanonikers Petrus Glehen.

Aber schon im Jahre 1720 erlosch die Dynastie der Glehen auf dem Schäferhofe. Es fand sich kein Nachfolger mehr aus der damals noch blutstarken und hochangesehenen Paderborner Familie. Deshalb schloß der Commissarius der Herren von Westphalen, der in Schwaney wohnende Kapitän Hagestedt, mit vier Schwaneyern einen Pachtvertrag über den Schäferhof. Aber dieses Quartett hatte kein Glück auf dem alten Herrensitze. Anno 1.743 beliefen sich die rückständigen Pachtschulden dieses vierblättrigen Kleeblatts bereits auf 1.750 Reichstaler. Viele Köche verderben immer den Brei. Hier war die Folge ein endloser Prozeß, der sich von 1743 bis 1784, zuletzt noch beim Reichskammergerichte, ausdehnte.

Nach diesem Fiasko übernahm Johannes Friedrich Gluntz, dessen Stammbaum nach Neuenheerse weist, im Jahre 1744 den Schäferhof in Erbpacht. Er heiratete am 4. September 1745 zu Schwaney Maria Philippina Hagestedt, die Witwe des Iohannes Ignatius Sprenger und Schwester des Kapitäns Wernerus Hagestedt, der eine Maria Katharina josepha Glehen zur Frau hatte. Das Schwaneyer Taufregister erwähnt als Sohn dieser Eheleute Hagestedt/Glehen einen am 20. August 1722 geborenen Sohn Franziskus Wilhelmus Bernardus, der später in Ungarn gefallen ist. Als Taufpaten fungierten damals zwei Herren von Westphalen der Herbramer Linie, deren Interessen der "Nobile" (adelige) Wernerus Hagestedt in Schwaney zu vertreten hatte.

Mehrfach erwähnt wurde damals auch ein Hagestedter Fischteich, der vor dem "Emderwalde" "Auf der Siemke" (Uppen Säimeken) lag. Wie es scheint, wohnten die Hagestedts in der um 1724 schon recht baufälligen Burg der Herren von Westphalen in Schwaney.

Die Bemeierung mit dem Schäferhofe hatte Johannes Friedrich Gluntz wohl in erster Linie der Fürsprache seines einflußreichen Schwagers Hagestedt zu danken.

Vier Kinder gingen aus der Ehe Gluntz/Hagestedt hervor, lauter Mädchen. Dem Schäfermeier blieb der Erbe versagt. überdies traf ihn ein harter Schicksalsschlag, als der Hof im Jahre 1762 mit 43 anderen Häusern und Höfen des Dorfes einem Großbrande zum Opfer fiel.

Gluntz baute nicht auf der alten Hausstätte wieder auf, die nahe dem Grundstücke Wulf lag, sondern auf dem weit trockeneren Gelände am "Villegraben". Das damals hier errichtete Wohnhaus dient heute als Wirtschaftsgebäude.

Mit 65 Jahren starb Johannes Friedrich Gluntz am 25. März 1780. Aber wenige Wochen zuvor, am 18. Januar, hatte Johannes Berendes, Sproß einer alteingesessenen Schwaneyer Familie, die jüngste Tochter des Schäfermeiers, Anna Maria Elisabeth (geb. 6. Juli 1756), geheiratet. Trauzeugen: Antonius Gluntz, Küster Neisen und "zahlreiche Jünglinge und Jungfrauen". Damit war Johannes Berendes neuer Besitzer des Schäferhofes, den er 1779 offiziell übernommen hatte.

Von den 8 Kindern des Ehepaares starben 4 Söhne nach wenigen Monaten oder Jahren.

Wie war es nun damals mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Hofes bestellt? Die Bodenerhebung von 1672 weist für den "Glehenschen Pupillen" (für den minderjährigen Peter Glehen) 130 Morgen Ackerland, 12 Morgen Wiese und 10 Morgen Kämpe aus". "Anno 1678 den 22. Juny ist zu Schwaney die wiese undt Kämpfe gemeßen worden undt calculirt (bewertet) durch Conrad Richting von Hauweda (Haueda). Anfangs in gegenwarth Herr Glehen, des Richters Libory N., deß Notarien und Hanß Henrichen Lorbracht landtmeßer zu Paderborn, undt etlichen gezeugen vollezogen worden. Aber herr Glehen hatt sich wie ein Fuchß davon abgeschlichen und nichtige excusation (Entschuldigung) sowoll mündtlich alß schriftlich mit mehreren vernehmen laßen." In dieser Bonitierungsliste heißt es: "Herrn Glehen Wiese 12 morgen, Herrn Glehens große Wiese schießt mit einem ende uffs dorff, gehet einer seithen an Herbrahmer wege (Saule) her, hat ohne die deiche (Fischteiche) undt noch anderthalb morgen außbenommen, morgen, 1 gart, 7 ruthen." Bei dieser großen Wiese mit eingelagerten Fischteichen handelte es sich um die später mehrfach zerstückelte und heutige "Meggerwiese" des Schäferhofes, die sich hinter dem Hausgrundstück Rüsenberg (Lingen) erstreckt.

Über seinen Besitzstand, aber auch über Abgaben und Belastungen berichtet am 18. März 1806 Johannes Berendes selbst. Vor 27 Jahren habe er durch Heirat der Tochter des vorigen Meiers den Schäferhof ohne übergabe eines Meierbriefes seitens der Herren von Westphalen erworben. Für 138 Morgen Ackerland leiste er jährlich abwechselnd nach Neuhaus und an den Kornboden zu Herbram 17 Scheffel, 1 Spint Roggen, 17 Scheffel, 1 Spint Gerste und 51 Scheffel, 3 Spint Hafer. Für Trift, Wiesen und Kämpe entrichte er pro Jahr 9 Reichstaler, 1 Schilling".

Das Schwaneyer Lagerbuch vom Jahre 1829 weist für den Schäferhof ein Hofgrundstück von 5 Morgen, an Ackerland 179 Morgen, an Wiesen und Kämpen 40 Morgen und 1 Morgen Garten bei 24 Einzelparzellen aus.

Warum keiner der beiden Söhne des Schäfermeiers den Hof übernahm, ist nicht ersichtlich. Am 27. November 1805 heiratete der 25jährige Franz Anton Johlen von einem stattlichen Bauernhofe in Hampenhausen (Kr. Warburg) die älteste Tochter des Schäfermeiers, Anna Maria Elisabeth (geb. 19.04.1785). Gleichzeitig erfolgte die Hofübergabe an den neuen Namensträger Johlen. Johannes Berendes starb am 09.10.1814 mit 57 Jahren an Brustfieber. Seine Ehefrau Elisabeth, geb. Gluntz, folgte ihm mit 67 Jahren am 15.02.1823. Aber vor der Abgabe des Hofes hatte Johannes Berendes die Existenz seiner Kinder Johannes Henrikus (geb. 12.03.1783), Johannes Aloysius (geb. 30.05.1790) und Maria Theresia (geb. 8. 10. 1795) mit Konsens des Grundherrn durch Abgliederung von Landteilen und Holzdeputat gesichert.

Johannes Henrikus erwarb 1806 das Grundstück Nr, 129 (Düstern), wurde Gastwirt und heiratete am 14.04.1807 Wilhelmina Prott, 26 Jahre, Tochter des Ackerers Adam Prott aus Neuenheerse. Sein ältester Sohn und Erbe Johannes Henrikus (geb. 23.02.1808) war dem Betriebe nicht gewachsen und ging später mit Kind und Kegel nach Amerika, nachdem er das von seinem Vater vom Schäferhofe eingebrachte Grundvermögen in kleinen Parzellen verkauft und seinen Anteil am Holzdeputate (2 6/8 Klafter) durch den Fiskus 1854 in Geld hatte ablösen lassen. Sein Vater Henrikus Berendes war am 09.02.1815 an Typhus gestorben. Johannes Aloysius Berendes (geb. 30.05.1790) soll 1812 mit 27 anderen Schwaneyer Söhnen in Rußland geblieben sein. Sein Kindesteil fiel an den Hof zurück.

Der Ehe von Franz Anton Johlen und Elisabeth, geb. Berendes, entsprossen 6 Kinder, 2 Söhne und 4 Töchter. Zehn Tage nach der Geburt des jüngsten Kindes, Anna Maria Theresia (geb. 16. Juli 1822) gest. 31. Juli 1822), starb die Mutter mit 36 Jahren im Wochenbett.

Am 3. Februar 1823 heiratete der 43jährige Witwer Franz Anton Johlen die Witwe Maria Theresia Riepe, geb. Römer (47 Jahre), Tochter des Conrad Römer zu Neuenbeken, der fürstbischöflicher Vorreiter in Neuhaus gewesen war. Franz Anton Johlen starb am 12. Mai 1842 mit 61 Jahren, seine zweite Frau am 5. Februar 1851 mit 75 Jahren.

Unter dem Krummstabe, der Zeit der Paderborner Fürstbischöfe, hatte der Schäferhof wie auch die anderen Höfe und Kotten des Dorfes ein bescheidenes und erträgliches Dasein führen können. Das änderte sich jedoch mit dem Übergang an Preußen, dann mit dem kostspieligen französischen Interregnum und mit der zweiten Besitzergreifung des Fürstentums Paderborn durch die preußische Krone im Jahre 1813. Es wehte ein rauherer Wind, es herrschte ein strafferes Regiment. Am Liberalismus des 19. Jahrhunderts scheiterten auch in Schwaney zahlreiche Familien. Selbst der Schäferhof ging in diesen Zeitläuften den Krebsgang.

Franz Anton Johlen hatte von seinem Vorgänger Berendes kein besonderes Erbe übernommen. Es drückten nicht nur die Bürde der grundherrliehen Abgaben in Frucht und Geld, sondern auch andere alte Belastungen und Beleihungen, die vielleicht schon seit Jahrzehnten auf dem Hofe ruhten.

Blicken wir einmal in die Rubrik "Schäferhof" im "Neuen" Hypothekenbuche. Es verzeichnete im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts folgende Eintragungen:

1816: Gläubiger Graf von Westphalen zu Herbram: Ein Jahr ums andere: 17 Scheffel, 1 Spint Roggen; 17 Scheffel, 1 Spint Gerste; 51 Scheffel, 3 Spint Hafer; Triftgeld 6 Taler, Wiesengeld 3 Taler. Damaliges Domkapitel: Der Natural-Zins-Zehnte. Küster und Lehrer zu Schwaney: Jährlicher Zins von 1 Scheffel Roggen. Domänenamt Neuhaus: Ein ] ahr ums andere: 17 Scheffel, 1 Spint Roggen; 17 Scheffel, 1 Spint Gerste; 51 Scheffel, 3 Spint Hafer.

1823: Schäfer Anton Bruns, Schwaney, für geliehene 200 Rtl. statt der Zinsen die Berechtigung, auf Johlenscher Trift 250 Schafe weiden zu dürfen. 1828: Grafv.Westphalen: Forderung von 757 Talern und 15 ggr. (Gutegroschen).

1835, 25. Oktober: Die Subhastation (Zwangsversteigerung) verfügt auf Antrag der Gläubiger. Pfarre Vinsebeck: Forderung von 125 T.

1838: Altenteil für die Eheleute Franz Anton Johlen und Johann Joseph Johlen.

1839: Protest der Gläubiger wegen aufgeschobener Subhastation.

Im Dezember 1840 reichte Clemens Reichsgraf von Westphalen gegen Johlen beim Land- und Stadtgerichte zu Paderborn Klage ein, weil der Hof bereits etliche Jahre mit Heuern und Geldgefällen im Rückstande war. Die Forderung des Grafen erstreckte sich auf 235 Rtl., 23 Sgr. (Silbergroschen), 6 Pfennige nebst 5 % Zinsen. Die Bezahlung der Forderung erfolgte 1841, und zwar im Todesjahr von Franz Anton Johlen und dem Hochzeitsjahr seines Sohnes Johannes Josephus, der am 1. Juli 1841 die zyjahrige Anna Maria Puls, Tochter des Ackermanns Franz Puls zu Elsen, heiratete.

Im Jahre 1838 hatte Johannes Johlen den Hof bereits übernommen und am 27. Dezember :1839 unter Einschaltung der Paderborner Tilgungskasse, die auf dem segensreichen Reglement vom 8. August 1836 basierte, die Reallasten des Hofes an den Grafen von Westphalen abgelöst, der den Geldbetrag der jährlichen Leistungen Iohlens damals auf 19 Taler, 15 Sgr. und 4 Pfennige bezifferte. Der Grundherr erhielt von der Tilgungskasse den 18fachen Wert dieses Betrages mit 351 Rtl. und 6 Sgr. in Schuldverschreibungen. Graf von Westphalen behielt sich natürlich die aus früheren Jahren rückständigen Prästationen, wie die Klage von 1840 beweist, ausdrücklich vor.

Am 6. September 1841 löste Johannes Johlen auch eine größere hypothekarisch gesicherte Schuld an den Grafen von Westphalen ab, die er mit dem schon stark belasteten Erbe übernommen hatte. Sie war begründet in einer Fehlspekulation des Vaters, und zwar in der Pachtung des großen Schwaneyer Zehnten. Hören wir darüber den Bericht eines Paderborner Notars vom 12. Sept. 1828:

"Vor mir erschienen der Ackersmann Anton Johlen, gt. Schäfermeier, aus Schwaney und der Ackersmann Christian Finke mit seiner Ehefrau Elisabeth, geb. Hülwegen, daselbst und erklärten:

Am19. Dezember 1821 hätten sie den sogenannten großen Schwaneyer Zehnten gepachtet und müßten dem Herrn Grafen von Westphalen zu Herbram als Miteigentümer desselben jährlich Einhundert zwanzig fünf Taler Courant und sechzig zwei Taler fünfzehn Silbergroschen Gold zahlen. Für die Pachtjahre von 1821 bis 1825, beide einschließlich, schuldeten sie nach Abzug aller dem vormaligen Rentmeister Brüning und dem Herrn J. C. Wiechmann bereits gezahlten Posten bis zum heutigen Tage noch Vierhundert achtzig fünf Taler Courant und Zweihundert siebenzig zwei Taler fünfzehn Silbergroschen Gold. Sie könnten dieses Geld jetzt auf einmal nicht abtragen und wollten es als Kapital übernehmen, derart, daß jeder von ihnen dem Herrn Grafen von Westphalen sowohl für das ganze Kapital als die fällig werdenden Zinsen als Selbstschuldner hafte. Das Kapital selbst wollten sie von heute an mit 4 % verzinsen. Martini dieses Jahres wollten sie abschläglich darauf Einhundert Taler und künftig alljährlich auf Martini fünfzig Taler mit den jedesmal verfallenen Zinsen zahlen, bis die ganze Kapitalschuld getilgt wäre.

Zur Sicherheit für Kapital, Zinsen, die Kosten der Eintragung, etwaigen Einklagung, Beitreibung und Löschung constituiere er, Anton Johlen, gt. Schäfermeier, mit seinem sub(unter) Nr. 30 zwischen Adolph Westermann und Johannes Lachenicht in Schwaney belegenen, dem Herrn Grafen von Westphalen meyerpflichtigen Colonate nebst sämtlichen Zubehörungen Hypothek und er willige darin ein, daß zu Gunsten seines Herrn Gläubigers hierauf die Eintragung geschehe. Die Eheleute Christian Finke erklärten ferner: bis jetzt wären sie noch nicht mit Grundstücken angesessen und könnten für das Kapital, die Zinsen und Kosten noch keine Sicherheit bestellen. Sie erklärten sich aber verbindlich, sobald sie zum Besitze von Grundstücken gelangen mögten, auf dieselben zu Gunsten des Herrn Grafen von Westphalen obiges Kapital ebenfalls eintragen zu lassen. Die Kosten der hierüber aufzunehmenden Urkunde wollten sie übernehmen."

Mißernten, allgemeine Verarmung und Preisstürze auf dem Agrarmarkte hatten diese Kalamität bedingt.

Unter dem 10. Dezember 1844 gab der Domänenrentmeister einen dienstlichen Bericht über den Schäferhof an die Regierung in Minden. Es heißt darin:

Johlen habe wegen rückständiger Schulden, die allein an den Fiskus 200 Taler betrügen, Teile seines Kolonates abstoßen und aus diesem Grunde auch seine Domanial-Verpflichtungen abtragen müssen. UmPrivatgläubiger, die auf Zwangsversteigerung drängten, halbwegs zu befriedigen, seien Grundstücke verkauft worden. Damit er sein Holzdeputat, das im Rahmen der grundherrlichen Verpflichtungen mit in Anrechnung gesetzt werden sollte, in vollem Umfange rette, habe Johlen, nicht wie allgemein üblich zu 3/4, sondern in ganzer Höhe über die Paderborner Tilgungskasse abgelöst.

Anfang 1845 wandte sich Johlen an den König in Berlin mit der Bitte, ihm ein Viertel des Ablösungskapitals zurückerstatten zu lassen. Und auf seine Eingabe erhielt er die von König Friedrich Wilhelm am 1. März 1845 persönlich unterschriebene Antwort, daß man gewillt sei, ihm von der Ablösungssumme 107 Rtl., 21 Sgr. und 11 Pfennige zu vergüten, wenn er sich die Umwandlung seines Holzdeputats von 16 Klaftern Eichenholz in jährlich 13 Klafter Buchenholz gefallen lasse. (1 Klafter = fast 31/2 Raummeter.)

Am 1. April 1845 richtete Johannes Johlen, der nichts mehr verlieren, aber wohl noch gewinnen konnte, noch einmal ein persönliches Schreiben an den König. Er wies darauf hin, daß er das Angebot auf Umwandlung des Holzdeputats nicht annehmen könne, da an dieser Gerechtsame außer ihm Joseph Lütkemeier (Klusjann) und Johannes Henrikus Berendes (Düstern) auf Grund erfolgter Abfindung vom Hofe berechtigten Anteil hätten und die dadurch bedingte Schmälerung ihres Holzanteils ablehnten. Allein könne er den Abzug an Holz nicht tragen.

Auch wäre es ihm nicht möglich gewesen, alle Schulden tilgen zu können, wenn nicht der Reichsgraf von Westphalen eine Kapitalforderung von 485 Rtl. Courant und 272 Rtl., 15 Sgr. in Gold sowie etwa 300 Rtl. Zinsen für nur 600 Rtl. gerechnet und sich hinsichtlich der Gefälle nur mit dem 15fachen Betrage abgefunden hätte.

"Auch erfahre ich", so schrieb Johannes Johlen an den König, "daß die verstorbene Majestät Friedrich Wilhelm III. bei der Regulierung der Zehnten bewilligt hat, daß kein Einwohner der Gemeinde Schwaney auf seine Gerechtigkeiten Verzicht zu leisten braucht, wenn sie unentbehrbar sind, um doch zum 18fachen Betrage ablösen zu können".

Die Regierung in Minden antwortete, daß des Königs Majestät laut Cabinettsorder vom 1. Mai 1845 geruht habe zu genehmigen, daß Colon Johann Johlen zu Schwaney von dem zur Ablösung gutsherrlicher Ansprüche bezahlten Kapital 107 Rtl., 21 Sgr. und 11 Pfennige unter der Bedingung zurückerhalten solle, wenn er sich die Wandlung seines Holzdeputats von 16 Klaftern Eichen in 13 Klafter Buchen gefallen lasse.

Trotz Ausschöpfung aller Mittel und Möglichkeiten vermochte Johannes Johlen den Ruin seines Besitzes nicht mehr aufzuhalten. Um 1865 war der Hof völlig verschuldet. Nur eine Ziege stand noch im Stalle. Es kam zum Zwangsverkauf. Aber in dieser materiellen Not bewährte sich wie so oft im Dorfe Pfarrer Meyenberg. Es gelang ihm, den Käufer zur Rückgabe des Hofes an den Sohn Hermann Johlen unter harten, aber tragbaren Bedingungen zu bewegen.

Hermann, der älteste Sohn (geb. 14.02.1.844), versuchte durch unermüdliche Arbeit auf fremden Höfen, zuletzt auf dem Kleehofe zu Elsen, Mittel für die Sanierung des väterlichen Besitzes zu schaffen. Nach einigen Jahren kehrte er heim mit 2 Kühen und 40 Schafen. Und am 30. September 1874 holte er sich als Frau und tüchtige Schafferin die 34jährige Caroline Schulze (gest. 15.12.1907), Tochter der verstorbenen Schwaneyer Eheleute Müller Anton Schulze und Franziska, geb. Striewe, auf den Hof.

Hermanns Schwester Theresia (geb. 14.05.1842) wurde Lehrerin und wirkte 45 Jahre überaus segensreich in Herzebrock. Für den Wiederaufstieg des Hofes leistete sie einen erheblichen Beitrag. Maria Theresia Josephine, geb am 21. November 1880 als jüngste Tochter der Eheleute Hermann und Caroline Johlen, trat in die Fußtapfen ihrer Tante und löste diese als Lehrerin in Herzebrock ab. Sie lebt heute zu Paderborn im wohlverdienten Ruhestande.

Witwer Johannes Johlen, der die schwerste Zeit des Hofes erlebte, starb mit 88 Jahren am 23. März 1895. Sein Bruder Johannes Antonius (geb. 29.08.1812) war bereits am 10. März 1882 gestorben. Er hatte am 9. Februar 1838 die 36jährige Maria Iosepha Mikus, geb. Glunz, Tochter des Schwaneyer Schreiners Heinrich Glunz, geheiratet und wohnte als Schäfer in einem kleinen Fachwerkhause, das ursprünglich einer Familie Kaiser gehörte und vor dem Bodentale auf der "Lange Wiese" (Besitzer Konrad Rustemeier Nr. 6) stand. Das Gelände heißt noch heute "Uppn Kaiser". Eine Tochter Elisabeth des Schäfers Anton Johlen heiratete am 21. Juni 1866 mit 25 Jahren den 41.jährigen Weber und Witwer Peter Windhausen aus Waldniel. In der Nacht zum 26. November 1.884 brannte das Fachwerkhaus mit der Nr. 163 "Uppn Kaiser" vollständig nieder. Es wurde nicht wiederaufgebaut. Aus der Ehe Johlen/Glunz entstammte auch ein Sohn, dessen Nachkommen heute in Köln leben.

Unter Hermann Johlen (gest. 12.04.1922) erholte sich der Hof langsam von seinen schweren Kreislaufstörungen. Und wirtschaftlich gesund übernahm ihn dann der Sohn Hermann Konrad (geb. 04.01.1879), der am 11. Februar 1909 Agatha Striewe (Brusen, geb. 23.08.1.879) heiratete. Neben vollem Einsatze auf seinem Hofe führte Hermann Johlen von 1930-1942 mit viel Geschick und Erfolg in schwerster Zeit als Vorsteher die Geschicke des großen Dorfes. Gleichzeitig betreute er die Spar- und Darlehnskasse als Rendant. Er starb am 23. Januar 1943. Ihm folgte als Erbe auf dem Hofe, der heute 80 Morgen umfaßt, der Sohn Hermann (geb. 20.05.1910). Er heiratete am 20. Mai 1.939 Gertrud Finke, geb. am 22. Februar 1911. als Tochter des Bauern Franz Finke (Liemanns) und Gertrud, geb. Böddeker. Nach glücklich überstandener Frontzeit und nach Normalisierung der durch Krieg und Nachkriegszeit bedingten wirren und rechtlosen Verhältnisse errichtete Hermann Johlen in den Jahren 1948/49 unmittelbar neben dem alten Hofgebäude ein neues Wohnhaus. Sein ältester Sohn, wieder ein Hermann (geb. 14.09.1941.), wird einmal das Vätererbe zu treuen Händen übernehmen.







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